Nachdem wir die erste Nacht in Thessaloniki in der erstbesten Absteige am Bahnhof verbracht haben, ziehen wir am nächsten Tag in eine Airbnb-Bleibe im Herzen der Stadt um. Wir genießen das griechische Essen und das warme Wetter, beobachten das bunte Treiben auf der Straße von unserem Balkon aus, der sich komplett über die Außenwände der Wohnung zieht. Ob Fußballspiel oder Demonstration, es ist immer was los!
Leider hat sich Christoph bei Caro angesteckt und verbringt die ersten beiden Tage in Thessaloniki im Bett. Auf dem Weg der Besserung stärken wir uns in einem kleinen Fischrestaurant um die Ecke und steigen von Rakia auf Ouzo um.
Wir erkunden die Altstadt Thessalonikis, die am Berg erbaut wunderschöne Ausblicke aufs Meer bereit hält. Die Straßen und Lokale sind voller Leben, die Griechen lieben das Leben! Am letzten Abend beobachten wir den Sonnenuntergang vorm weißen Turm, dem Wahrzeichen der Stadt.
Am nächsten Morgen verlassen wir die Stadt und radeln in Richtung Chalkidiki, eine Halbinsel südöstlich von Thessaloniki. Wir passieren eher heruntergekommene Häuser, Teerstraßen werden plötzlich zu Lehmpisten, aber auch schwer bewachte Villen gehören zum Bild. Kurz bevor wir an der Küste ankommen, erleben wir bei einer Dorfdurchfahrt den bisher vehementesten Hundeangriff. Über einen Kilometer verfolgt uns ein Wachhunderudel. Wir übernachten auf einem Campingplatz direkt am Strand, der nun im Herbst ziemlich verlassen ist. Zu unserer großen Überraschung treffen wir beim Abendessen in der zugehörigen Taverne auf eine Gruppe von ca. 20 Urlaubern aus Sachsen.
Wir setzen unseren Weg am nächsten Morgen entlang der Küste fort. Die Straße wird zunehmend schlechter, wir kämpfen uns schließlich schiebend vorwärts, mehr rutschend als gehend. Als wir endlich besseren Untergrund erreichen, sind nicht nur wir, sondern auch unsere Räder voller Lehm und Sand. Bevor wir weiterfahren können, ist eine ausgiebige Fahrradwäsche nötig. 1 Stunde lang schieben wir unsere Räder bis in den nächsten kleinen Ort mit Laden und veranstalten mitten auf dem Dorfplatz eine 2-stündige Reinigungsaktion.
Im Laufe des Tages wird die Infrastruktur zunehmend besser, wir decken uns in Nea Moudania noch mit Vorräten ein, bevor wir unser Nachtlager wieder unmittelbar am Strand aufschlagen. Wir sind die einzigen Besucher, die Urlaubssaison ist zu Ende und die Olivenernte im vollen Gange.
Chalkidiki hat 3 Landzungen, die wie Finger ins Meer ragen. Am nächsten Morgen überqueren wir den ersten Finger und folgen der Küste nach Osten. Die Landschaft wird zunehmend hügelig, recht erschöpft erreichen wir am Nachmittag Nikiti. Nach einer ausgiebigen Rast in einem Fischrestaurant überqueren wir den zweiten Finger der Halbinsel. Es geht durch duftende Akazienwälder. Zurück an der Küste bleiben wir für zwei Nächte der kleinen Pension von Helena und Stavros, die uns liebevoll mit griechischem Bier und Salat und Kuchen empfangen. Die Oliven sind aus dem eigenen Hain, frisch eingelegt. Auch ansonsten versorgen uns die beiden mit frischen Produkten aus dem eigenen und den Gärten von Stavros vielzähligen Cousins. Wassermelonen, Granatäpfel, Trauben. Lecker! Helenas Englischkenntnisse beschränken sich zwar auf ein gesungenes „good“ oder „more good“ in der Steigerungsform, es klappt aber irgendwie trotzdem wieder mit der Kommunikation.
Die Küstenlandschaft hier ist wunderschön, aber sehr dünn besiedelt. Am anderen Ende der Bucht steht eine Geistersiedlung – eine Folge der Krise?
Wir machen uns wieder auf in Richtung Festland und radeln 2 Tage hauptsächlich durch schöne und bergige Waldgebiete. Bei einem Mittagsstopp in Olimpiada lädt uns der Besitzer des „Hotel Germany“ Dimitris, den wir auf der Straße treffen, spontan zu griechischem Salat und Kaffee in sein Restaurant ein. Sehr nett!
Auf dem Festland folgen wir der Küste in Richtung Alexandroupoli. In Kavala sehen wir das erste Schild: Istanbul noch 460km! In Tochotes steigen wir nochmal in den Zug, um die restlichen eher uninterssanten Kilometer bis Alexandroupoli zu überbrücken. Die 1-2 Fahrtage, die wir dadurch sparen wollen wir lieber in Istanbul verbringen.
Wir bleiben 2 Tage in Alexandoupoli, machen Besorgungen, schicken Pakete an unsere Familien und unsere netten Gastgeber, Iva und seine Frau, in Rumänien und essen ganz viel Gyros. Schmeckt besonders gut mit Retsina, dem mit Harz versetzten griechischen Weißwein.
Dann starten wir Richtung türkische Grenze, die wir in einer Tagesetappe überqueren wollen. Daraus wird aber leider nichts. Heftiger Gegenwind bläst uns entgegen. Immer wieder werden wir von der Straße geweht. Nach 30km geben wir auf und stranden in Feres. In der sehr ranzigen Pension des Ortes sind wir die einzigen Gäste. In unserem Zimmer stinkt es bestialisch und so ziehen wir bis spätabends um die Häuser. Wir sind ziemlich überrascht, als wir in dem abgelegenen Ort eine Griechin treffen, die die Hälfte des Jahres in Süddeutschland wohnt und Schwäbisch spricht.
Am nächsten Morgen ist es dann so weit, wir starten in Richtung Grenze. Ipsala ist der südlichste Grenzübergang und nur über die Autobahn zu erreichen, die aber zum Glück so ausgestorben ist, dass sich keiner an den beiden Reiseradlern auf dem Standstreifen stört.